Zurück auf Los - Das Projekt
Die architektonische Konzeption der Humanwissenschaftlichen Fakultät an der Universität zu Köln wurde in den Jahren 1955-1963 von dem Architekten Hans Schumacher entworfen. Schul- und Hochschularchitektur dieser Jahre wird heute mit dem Begriff der „Freiheitsmoderne" wieder neu gelesen. Zum Einen dokumentiert sich in diesen Bauten der politische und gesellschaftliche Aufbruch der Nachkriegzeit, die auch in der Bauästhetik das Diktat der völkischen Architektur hinter sich lassen konnte.
Zum Anderen sind diese Bauten heute auch darin wieder interessant, dass Sie keiner egozentrierten Stararchitektur frönen, wie diese in den letzten Jahren zunehmend den urbanen Architekturdiskurs beherrschen. Bauten der Freiheitsmoderne choreographieren eine flache Raumhierarchie, sind fensterseitig lichtgeflutet, kontrastieren Materialien wie Ziegel, Glas und lichtreflektierende Kacheln und sind durch große Panoramafenster im Gespräch mit dem begrünten Umfeld.
Die Humanwissenschaftliche Fakultät ist in ihrem historischen Baukern diesen Merkmalen verpflichtet
und wurde von der Kölner Stadtkonservatorin Kier in den 1990er Jahren unter Denkmalschutz gestellt.
Die heutige Nutzerrealität macht diesen Bau jedoch zu einer wenig überzeugenden Erscheinung.
Notwendige Sanierungsarbeiten wurden in den letzten Jahrzehnten nur zögerlich umgesetzt, der notorische Raummangel macht Gänge, Flure, Treppenhausgeschosse und Eingangbereiche zu vernutzten Abstellplätzen.
Am Beispiel des Foyers der Humanwissenschaftlichen Fakultät bedeutet dies: Postkästen, Stellwände, Kaffee- und Colaautomaten, verstaubte Blumencontainer und Abfalleimer bestimmen das Eingangsbild für Studierende und Besucherinnen und Besucher.
Das Projekt ZURÜCK AUF LOS sieht eine temporäre Re-Installation des Foyers in die 1955er Jahre vor. Die Fensterfront ist befreit von Pflanzcontainern, Ziegel- und Keramikwände tragen keine Postfächer und Informationskästen, es gibt keine Plakate an den Wänden und keine Cola-Kaffeeautomaten. Über einen Zeitraum von drei Wochen (Juli 2009) und während einer Woche (September 2009) wird das Foyer leergeräumt und auf seine architektonische Grundkonzeption zurückgeführt.
Diese Maßnahme dient zum Einen der ästhetischen Re-Lektüre der Foyerarchitektur. Durch Unterbrechung von Alltagsroutinen und Sehgewohnheiten werden zudem Reflexionen und Diskussionen bezüglich einer zukünftig modifizierten Nutzung des Foyers initiiert. Soziale Interaktionen (dem Austragen von Briefpost, dem Ausrufen von Informationen und künstlerisch-performativen Putzaktionen) und Diskussionforen mit Architektur- und Körpertheoretikern, Nutzern, Stadtplanern sind für dieses Projekt konstitutiv.
Für die Realisierung dieser Konzeptidee konnte das Museum für Architektur und Ingenierbaukunst (M:AI), Gelsenkirchen gewonnen werden. Das M:AI untersteht dem Ministerium für Bauen, NRW und bespielt in wandernden Ausstellungen historisch markante Architekturen und Bauwerke in der Region. Die Leiterin des M:AI, Frau Dr. Kleefisch-Jobst, erkennt im historischen Baukern der Fakultät eine wichtige Inkunabel der 1950er Architektur, die nicht nur erhalten, sondern in seinen Besonderheiten einer weiteren Öffentlichkeit bekannt gemacht werden sollte. Insofern unterstützt sie mit dem M:AI das Projekt ideel und finanziell und hat zudem erfolgreich die Teilnahme an der überregionalen Architekturausstellung plan09 erwirkt. Während der plan09 werden im Foyer der Humanwissenschaftlichen Fakultät themenbezogene Diskussionsforen stattfinden.
Eine Verlagspublikation des Gesamtprojektes ist vorgesehen.
Prof. Dr. Heidi Helmhold