Zum Lachen über Behinderung in der Geschichte: Eine Analyse historischer Diskurse und komischer Repräsentationen (abgeschlossen)

Doktorandin: Claudia Gottwald, SoL (Technische Universität Dortmund)

 

Erstgutachter: Prof. Dr. Markus  Dederich, TU Dortmund, Fakultät Rehabilitationswissenschaften

Zweitgutachterin: Prof. Dr. Anne Waldschmidt, Universität zu Köln,  Humanwissenschaftliche Fakultät

 

Seit der Antike wird über körperliche und kognitive  Abweichungen gelacht - zeitweise gelten diese sogar als Inbegriff des Komischen  (z.B. bei Aristoteles und Cicero). Was aber ist Komik? Die Klärung dieser Frage  bildet die theoretische Grundlage dieser Arbeit (Komiktheorien). Methodisch wird  eine ‚historisch-hermeneutische Diskursanalyse' durchgeführt, die der Analyse  von historischen Texten und Bildnissen auf unterschiedlichen Ebenen dient (das  Lachen hervorrufende, beschreibende oder bewertende Texte).

Im Lachen über Behinderungen wird - dies ist eine  Ausgangsthese - Behinderung als komisches Phänomen produziert und damit  kulturell hergestellt. Gleichzeitig werden über diese kulturellen Konstruktionen  soziale Rollen zugewiesen (z.B. die der Hofnarren im Mittelalter) und  gesellschaftliche Umgangsweisen legitimiert (z.B. das Verspotten in der bildlichen  Darstellung oder auf der Straße). Gleiches gilt für Epochen, in denen dieses  Lachen moralisch negativ bewertet wird: Welche neuen Konstruktionen werden  dadurch hervorgebracht? Da für diese Arbeit ein sehr großer historischer  Zeitraum gewählt wurde (vom Mittelalter bis heute), gilt es, Kontinuitäten,  Veränderungen, Brüche, aber auch Ambivalenzen in den Aussagen in den Blick zu  nehmen und zu beschreiben. Dabei zeigt sich, dass es einen historischen Wandel  gibt: Das Lachen über Behinderungen - von Mittelalter bis Barock noch legitim -  wird schließlich zunehmend kritisiert und eingeschränkt. Es verschwindet jedoch  nicht ganz. Kritisch muss hier gefragt werden, ob diese Tabuisierung mit einer  Verbesserung der sozialen Stellung behinderter Menschen einhergeht. Seit  einiger Zeit wiederum sind komische Darstellungen von Behinderung (z.B. Cartoons)  präsent: Komik über Behinderung stellt zunehmend kein Tabu mehr dar. Komik wird  vor allem von behinderten Menschen selbst als Mittel der Kritik benutzt.

(Abschluss  des Promotionsverfahrens an der TU Dortmund: 9.7.2008)

Veröffentlichungen:

Gottwald, Claudia: Behinderung - (k)ein komisches Phänomen? Eine Analyse komischer  Konstruktionen von Behinderung und ihrer   Bewertung vom Mittelalter bis heute. Forschungsbericht. In: Vierteljahresschrift  für Heilpädagogik und ihre Nachbargebiete (VHN) 1/2007, 76-77

Gottwald, Claudia: Lachen über Behinderung? Positionen der antiken Mythologie und  Theorien der antiken Philosophie. In: Graf, Erich Otto/Renggli, Cornelia/Weisser, Jan (Hg.): Die Welt als Barriere. Deutschsprachige Beiträge zu den Disability  Studies. Bern 2006, 91-97

Gottwald, Claudia. (2009). Lachen über das Andere. Eine historische Analyse komischer Repräsentationen von Behinderung. Bielefeld (transcript).