Allgemeine Heilpädagogik
Theorie der Heilpädagogik und Rehabilitation

Was verbindet die verschiedenen Arbeitsfelder der Heil- und Sonderpädagogik? Was ist das Gemeinsame der Menschen, die in diesen Arbeitsfeldern Unterstützung bekommen sowie derjenigen, die in diesen Feldern arbeiten? Hieran forschen wir in der Allgemeinen Heil- und Sonderpädagogik.

In Forschung und Lehre sind wir vom Anspruch motiviert, Menschen (mit Behinderung und Beeinträchtigungen) durch Bildung zu unterstützen. Dazu wollen wir Prozesse und Bedingungen untersuchen, die unser Denken über uns selbst, über den anderen Menschen und unsere Beziehungen bestimmen.

In unseren Lehrveranstaltungen können Studierende neue Perspektiven auf andere Menschen und sich selbst kennenlernen. So können sie eine Haltung und ein professionelles Selbstverständnis entwickeln. 

 

Allgemeine Heilpädagogik - Worum geht es?

Die Vielfalt der Heilpädagogik

Die Heil- und Sonderpädagogik besteht aus einer Vielzahl verschiedener Aufgabengebiete und ist auf unterschiedliche Personengruppen in diversen sozialen und individuellen Problemlagen gerichtet. Deshalb umfasst heil- und sonderpädagogische Forschung und Praxis ebenso zahlreiche und unterschiedliche Ansätze in Forschung und Praxis.
Diese Vielfalt ist eine Stärke und ein wesentlicher Grund, weshalb die Heil- und Sonderpädagogik ein so abwechslungsreicher Beruf und eine so spannende Wissenschaft ist. Die Vielfalt bringt aber auch das Risiko mit sich, dass übergeordnete Zusammenhänge verloren gehen. Deshalb ist es die Aufgabe der Allgemeinen Heilpädagogik, sich mit dem Allgemeinen der Heil- und Sonderpädagogik zu befassen. Aber was heißt das?

Das Allgemeine der Heilpädagogik

Das Allgemeine ist das, was die einzelnen Personengruppen, Problemlagen, Arbeitsfelder und Forschungsansätze trotz aller Unterschiede umfasst und verbindet. Gleichzeitig geht es aber auch um das ganz Besondere: Das, was jeden Menschen, jede Begegnung, jede Situation und jede Herausforderung, der wir uns in der heil- und sonderpädagogischen Arbeit zuwenden, unverwechselbar macht. Das Besondere und das Allgemeine bilden keine Gegensätze, sondern verweisen stets aufeinander.

Fragehorizonte einer Allgemeinen Heilpädagogik

Indem wir uns sowohl mit dem Allgemeinen wie auch dem Besonderen befassen, tauchen sehr grundsätzliche Fragen auf, die nicht nur für die Wissenschaft der Heil- und Sonderpädagogik bedeutsam sind, sondern auch für uns als Menschen:
Was bedeutet es, das eigene Leben zu bewältigen, es mit Sinn und Qualität zu füllen? Welche Grenzen und Barrieren des Verstehens, der Solidarität und der Verantwortung gibt es zwischen Menschen? Welche Rolle spielen unsere Körperlichkeit, unsere seelischen und geistigen Eigenschaften, unsere Sprache und die Formen unserer Verständigung für unser Verhältnis zu uns selbst, zu anderen und zu unserer Welt? Wie prägen die gesellschaftlichen, politischen, kulturellen, ökonomischen und geschichtlichen Zusammenhänge unsere Existenz? Wie gehen wir mit Aspekten um, die unser Leben bestimmen, die wir aber nicht in der Hand haben? Wie wollen wir miteinander umgehen? In welcher Gesellschaft wollen wir leben?

Aufgaben der Allgemeinen Heilpädagogik in Forschung und Wissenschaft

Wenn wir diesen Fragen nachgehen, verfolgen wir dabei das Ziel, Menschen, die von Ausgrenzung, Benachteiligung und Diskriminierung betroffen oder bedroht sind, durch Bildung zu unterstützen und zu begleiten. In einer Zeit, in der sich die Risse in der Gesellschaft immer tiefer zeigen, die gesellschaftliche Solidarität mit ausgeschlossenen, vulnerablen, diskriminierten und benachteiligten Personengruppen nachlässt und sich immer mehr Gewissheiten und Sicherheiten aufzulösen scheinen, gewinnt heil- und sonderpädagogische Arbeit an Bedeutung. Eine wichtige Aufgabe der Allgemeine Heil- und Sonderpädagogik ist es schließlich, die Prozesse und Bedingungen zu verstehen, die unser Selbstverständnis, unsere Beziehungen und die Formen unseres Zusammenlebens bestimmen.

Aufgaben der Allgemeinen Heilpädagogik in der Lehre

Durch die Reflexion über ethische, soziologische, politische und philosophische Fragen gewinnen die Studierenden eine neue Sicht auf andere Menschen und gesellschaftliche Zusammenhänge und schließlich auch ein neues Selbstbewusstsein. Sie üben eine Haltung ein und entwickeln ein fundiertes professionelles Selbstverständnis. Sie können sich kritisch positionieren, gute Argumente für eine nicht-exklusive Ethik liefern und für die Sicherstellung von Menschenwürde und Grundrechten eintreten. Zugleich sind sie Expert:innen für zwischenmenschliche Beziehungen und können Kontakt zu Menschen aufnehmen, die oft aus sozialen Zusammenhängen ausgeschlossen bleiben und isoliert sind. Am Ende dieser ganzen Reflexion und professionellen Entwicklung steht der Wunsch zu handeln. Deshalb zielen alle Überlegungen immer auf die Frage: Was können wir tun?