GME - Grammatische Fähigkeiten mehrsprachiger Kinder zum Zeitpunkt der Einschulung

Verantwortlich

PD Dr. Tanja Ulrich tanja.ulrich[uk]uni-koeln.de

Weiter verantwortlich

Sandra Mennicken sandra.mennicken[uk]uni-koeln.de

Zeitraum

01.10.2019-30.09.2023

Förderung

In Kooperation mit dem Amt für Kinder, Jugend und Familie der Stadt Köln

Beschreibung

Hintergrund: Die umfassende Erhebung sprachlicher Fähigkeiten stellt die notwendige Grundlage dar, um den sprachlichen Entwicklungsstand eines Kindes beurteilen und eine evtl. indizierte Förderung möglichst individuell anpassen zu können. Für monolingual aufwachsende Kinder stehen inzwischen eine ganze Reihe standardisierter und normierter Testverfahren zur Verfügung, jedoch können diese nicht unbedingt auch die sprachlichen Fähigkeiten eines mehrsprachig aufwachsenden Kindes erfassen. Es ergeben sich möglicherweise Benachteiligungen (durch Testkonstruktion, kurze Kontaktzeit mit dem Deutschen, etc.), so dass mehrsprachig aufwachsende Kinder evtl. einerseits fälschlicherweise als sprachauffällig klassifiziert werden (mistaken identity), obwohl es sich eigentlich um „normale" Auffälligkeiten im Rahmen des Mehrspracherwerbs handelt. Andererseits besteht die Gefahr, dass tatsächlich bestehende Sprachauffälligkeiten eines mehrsprachigen Kindes nicht als solche erkannt werden (missed identity). Es besteht damit ein diagnostisches Problem, das sich auch im Bereich der grammatischen Fähigkeiten zeigt: Zwar gibt es einige standardisierte und normierte Testverfahren, und durch die im Rahmen des Forschungsprojekts Grammatikerwerb deutschsprachiger Kinder zwischen 4 und 9 Jahren (GED 4-9) erhobenen Daten liegt nun „umfassendes und repräsentatives Grundlagenwissen zu den zentralen grammatischen Fähigkeiten monolingual deutsch aufwachsender Kinder zwischen vier und neun Jahren" (Ulrich, 2017, 563) vor, allerdings lassen sich diese Ergebnisse nicht auf mehrsprachige Kinder übertragen. Ziel: Ziel des Forschungsprojekts GME ist es, erste Orientierungsdaten über die grammatischen Fähigkeiten mehrsprachig aufwachsender Kinder zum Zeitpunkt der Einschulung mithilfe eines Elizitationsverfahrens auf Basis der ESGRAF 4-8 (Motsch & Rietz 2016) zu erheben. Es wird bewusst nicht versucht, Aussagen über den chronologischen Erwerb zentraler grammatischer Regeln im Deutschen als Nicht-Erstsprache zu treffen, da zum einen der Zweitspracherwerb nicht immer der Chronologie des Erstspracherwerbs folgt, und zum anderen der Verlauf der Sprachentwicklung bei mehrsprachig aufwachsenden Kindern als wesentlich heterogener zu beschreiben ist als bei einsprachig aufwachsenden Kindern. So ergibt sich je nach Erwerbsbeginn oder Erstsprache für jedes mehrsprachige Kind eine individuelle Sprachbiographie mit vielen Faktoren, die jeweils einen Einfluss auf den Erwerb des kerngrammatischen Systems der Zweitsprache haben (können). Vielmehr soll deshalb im Rahmen dieses Projekts der Ist-Zustand der grammatischen Fähigkeiten mehrsprachig aufwachsender Kinder zum Zeitpunkt der Einschulung umfassend erhoben und beschrieben werden. Das Ziel ist es, Informationen darüber zu erhalten, welche Fähigkeiten die Kinder im Deutschen als Nicht-Erstsprache mit in die Schule bringen. Methode: Zur Vorbereitung dieses Forschungsprojekts wurden in den vergangenen Jahren an der Universität zu Köln eine Reihe von Pilotstudien durchgeführt, die mit dem jeweils gleichen Erhebungsinstrument (ESGRAF 4-8; Motsch, Rietz, 2016) ausgewählte grammatische Bereiche bei mehrsprachig aufwachsenden Kindern überprüften. Bei der Evozierten Sprachdiagnose grammatischer Fähigkeiten (ESGRAF 4-8) handelt es sich um ein standardisiertes Testverfahren, das die zentralen Testgütekriterien Objektivität, Reliabilität und Validität erfüllt (vgl. Rietz, Motsch, 2014) und mit dem die zentralen morphologischen und syntaktischen Bereiche der deutschen Grammatik (z. B. Subjekt-Verb-Kongruenz, Kasus, Verbzweitstellung, Verbendstellung im subordinierten Nebensatz etc.) „umfassend und hypothesengeleitet" (Rietz, Motsch, 2014, 301) überprüft werden können. Durch den direkten Vergleich dieser Pilotstudien wurden dann zunächst zentrale Ergebnisse herausgearbeitet, um diese in der Planung des Forschungsprojekts (z. B. mit Blick auf die Stichprobenzusammensetzung) berücksichtigen zu können. Auf Grundlage der bisherigen und weiteren aktuell laufenden Pilotprojekte erfolgt die konkrete Planung der umfassenden Datenerhebung, die voraussichtlich im Frühjahr 2022 erfolgen wird.

Description

Theoretical background: The comprehensive analysis of linguistical skills is a necessary basis to assess the linguistic development of a child and to individually adapt the indicated support. For monolingual children, there are several standardized testing tools but these cannot assess the linguistic skills of multilingual children. Disadvantages may occur, caused by test construction, short contact times with German, etc., so that, on the one hand, multilingual children may be incorrectly classified as having speech problems (mistaken identity), even though the demonstrated speech abilities are “normal” anomalies during the acquisition of multiple languages. On the other hand, it is possible to miss actual existing speech problems (missed identity) because they are characterized as “normal” anomalies during the acquisition of multiple languages. Consequently, there is a diagnostical problem that occurs in the field of grammatical skills: Although there are several standardized testing tools and although there is “comprehensive and representative base knowledge about central grammatical skills of monolingual German speaking children between four and nine years” (Ulrich, 2017, 563) available (based on data collected within the research project „Grammatikerwerb deutschsprachiger Kinder zwischen 4 und 9 Jahren (GED 4-9)“), this data cannot, however, be applied to multilingual children and their speech development. Aim: The aim of the project GME is to collect first reference data about grammatical skills of multilingual children at the time of school enrolment, using an eliciting test method based on ESGRAF 4-8 (Motsch & Rietz 2016). It is not the intention to make assumptions about the chronological adoption of basic grammatical rules in German as a non-first language because second language acquisition differs from first language acquisition. The language acquisition of multilingual children is more heterogeneous than the language acquisition of monolingual children. There is an individual set of factors depending on the age of onset and/or first language and many other variables that (may) have an impact on the adoption of the grammatical system of a second language. Within the project, it is aimed at collecting and describing the current state of grammatical skills of multilingual children at the time of school enrolment. The project’s aim is to generate information about what skills multilingual children demonstrate in German as a non-first language when starting school. Method: In preparation of this project, several pilot-studies have been done at the University of Cologne. These studies used the same testing tool (ESGRAF 4-8; Motsch, Rietz, 2016) and examined different grammatical areas with multilingual children. The “Evozierte Sprachdiagnose grammatischer Fähigkeiten (ESGRAF 4-8)” is a standardized testing tool that fulfills the three central testing criteria objectivity, reliability and validity (see Rietz, Motsch, 2014). Furthermore, central morphological and syntactical patterns of German grammar (e.g. subject-verb-congruency, verb placement) are examined “comprehensively and based on hypothesis“ (Rietz, Motsch, 2014, 301). The main outcomes of those pilot-studies were collected, compared and taken into account for the research design of this main project. The research design is currently being finalized for the data collection, which will probably be done in spring 2022.