Bezugsnormwahl im Kontext von Inklusion (BeKI)
Projektleitung
Jun.-Prof. Dr. Katrin Lintorf (Universität zu Köln)
Prof. Dr. Timo Lüke (Karl-Franzens-Universität Graz)
Projektdauer
Seit 09/20 - fortlaufend
Projektbeschreibung
Zielsetzung
Die Beurteilung schulischer Leistungen ist eine der professionellen Aufgaben von Lehrkräften (KMK, 2019). Eine Beurteilung setzt voraus, dass ein Gütemaßstab existiert, an dem etwas gemessen werden kann (Heckhausen, 1974). Zur Beurteilung schulischer Leistungen können verschiedenen Bezugsnormen Anwendung finden: Bei Anwendung einer sozialen Bezugsnorm wird die Leistung einer Person mit der Leistung anderer Personen verglichen. Bei der individuellen Bezugsnorm steht der intraindividuelle Vergleich mit früheren Leistungen im Fokus. Die kriteriale Bezugsnorm setzt eine Leistung schließlich in Bezug zu einem inhaltlich begründeten Kriterium (Rheinberg & Fries, 2018).
Die Auswirkungen der Bezugsnormwahl auf motivationale und kognitive Merkmale der Lernenden sind inzwischen gut untersucht, wenn auch fast ausschließlich im Vergleich der sozialen und der individuellen Bezugsnorm. Hier gilt die dauerhafte Anwendung der sozialen Bezugsnorm als schädlich (Köller, 2005), aber auch die dauerhafte und kontextübergreifende Anwendung der individuellen Bezugsnorm ist nicht frei von negativen Effekten (Rheinberg, Krug, Lübbermann & Landscheid, 1980). Aus pädagogischer Sicht ist daher eine Bezugsnormvielfalt wünschenswert (Rheinberg, 2014).
Prädiktoren der Bezugsnormwahl sind dagegen deutlich weniger gut untersucht. Die Wahl der Bezugsnorm galt lange als so stabil, dass Rheinberg (1980) dieses Konstrukt unter dem Begriff der Bezugsnormorientierung einführte. Andererseits sahen schon Mischo und Rheinberg (1995) nicht nur stabile, sondern auch flexible Anteile in der Bezugsnormwahl. Aktuelle Studien unterstreichen das und belegen einen Zusammenhang zwischen der diagnostischen Zielsetzung und der Bezugsnormwahl (Lintorf & Buch, 2021; Wilbert & Gerdes, 2009).
Das vorliegende Forschungsvorhaben knüpft daran an und untersucht Kontexteffekte. Geprüft wird, ob die Wahl der individuellen sowie der sozialen Bezugsnorm einen Zusammenhang mit unterschiedlichen Rahmenbedingungen aufweist. Im Fokus steht dabei die Umsetzung schulischer Inklusion an Schulen (im Sinne schulorganisatorischer Maßnahmen, kollektiver Einstellungen und Selbstwirksamkeitserwartungen des Kollegiums etc.). Ebenso werden aber auch Unterschiede zwischen den Professionen betrachtet (Lehramt an allgemeinbildenden Schulen vs. Lehramt für sonderpädagogische Förderung).
Methode
Wir führen eine einmalige Online‐Befragung mit Regel- und sonderpädagogischen Lehrkräften via LimeSurvey durch. Aus Gründen der Vergleichbarkeit beschränkt sich die Erhebung auf ausgewählte Schulformen (Förderschulen, Grundschulen, Gymnasien) und Klassenstufen (2./3. Klasse bzw. 5./6. Klasse), in denen das gemeinsame Lernen kaum vs. stark praktiziert wird. Alle Auswertungen erfolgen auf Gruppenebene (Profession, studiertes Lehramt, aktuelle Schulform etc.).
Abschlussarbeiten
Löffel, A. (2021). Bezugsnormorientierung von Lehrkräften: Zusammenhang zwischen kollektiver Einstellung zum Thema Inklusion und der individuellen Bezugsnormwahl. Bachelorarbeit, Universität zu Köln.
Rheinhardt, E. (2022). Die Bezugsnormwahl von Lehrkräften bei der Leistungsbeurteilung und der Zusammenhang zu ihrer Berufserfahrung. Bachelorarbeit, Universität zu Köln.
Stellberg, H. (2022). Die Bezugsnormwahl von Lehrpersonen – Zusammenhänge mit der Barrierefreiheit von Unterricht und der Schulform. Masterarbeit, Universität zu Köln.
Veerkamp, I. (2022). Effekte inklusiver Schulentwicklungsarbeit auf die Bezugsnormorientierung von Lehrkräften bei der Leistungsbeurteilung. Bachelorarbeit, Universität zu Köln.
Warenawan, S. (2021). Kontextgebunde Unterschiede in der Bezugsnormwahl von Lehrpersonen. Zur Bedeutung von Schulformen und kollektiver Einstellung zur Inklusion. Masterarbeit, Universität zu Köln.
Weyermann, M. (2021). Bezugsnormwahl von Lehrpersonen: Kontexteffekte von Schulformen und Effekte der Orientierung am Universal Design for Learning. Masterarbeit, Universität zu Köln.