Methoden der Bildungs- und Sozialforschung unter bes. Berücksichtigung der Genderforschung  /  Soziologie

Department Erziehungs- und Sozialwissenschaften

 

 

    

 

 

 

 

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Schwerpunkt der Professur ist eine in ihrer Methodologie und Theorie praxeologisch und dekonstruktivistisch ausgerichtete Soziologie und Geschlechterforschung, die bei sozio-materiellen Verschränkungen und queer-feministischen Analysen ansetzt. Für die Ausrichtung der Professur spielt also 'Geschlecht' eine wesentliche Rolle. Das verweist nicht nur auf sehr verschiedene Dimensionen und Bedeutungsgehalte, etwa auf symbolische Geschlechterordnungen, institutionalisierte Geschlechterverhältnisse, Arbeitsteilungen und Subjektivierungsweisen, auf Identitäts-, Sexualitäts-, oder Körperkonstruktionen, also insgesamt auf Kategorien der materiell-diskursiven / sozio-materialen Strukturierung, Differenzierung, Disziplinierung und Hierarchisierung. Als kritisches Verfahren problematisiert 'Geschlecht' bzw. 'Gender' homogenisierende Praktiken und dichotome Gegenüberstellungen, die Ungleichheiten und Ausschlüsse erzeugen und die Anerkennung von vielfältigen Differenzen und eine gleichberechtigte, gerechte Partizipation verhindern. 'Geschlecht' ist dabei kein Gegenstand 'an sich', sondern geht mit anderen sozio-materialen Erscheinungen mehr oder weniger dauerhafte, kohärente oder flüchtige, dissonante Muster ein. 

Die Perspektive der Professur auf diese Muster knüpft an die praxeologische Soziologie Pierre Bourdieus an. Im Gegensatz zu der eindeutigen theoretischen Logik der begrifflichen Exaktheit geht es darum, die Bedingungen für das Funktionieren der Praxis im Konkreten zu rekonstruieren: sie liegen gerade in der Unschärfe, Vieldeutigkeit, Unbestimmtheit. Mit Karen Barads neomaterialistischen, transdisziplinären Arbeiten gehen wir jedoch zugleich über die Bourdieusche Praxeologie hinaus und nehmen auch mehr als menschliche Relationen in den Blick. Am Lehrbereich beforschen wir Situationen, Bedingungen und Bedingtheiten in der Un/Bestimmtheit der praktischen Operationen, um mitunter Widersprüchliches und einander Ausschließendes zu integrieren. Wenn aber die Praxis notwendig uneindeutig ist, um soziale Verknüpfungen zu ermöglichen, dann ist sie nicht allein durch dominante soziale Zuschreibungen strukturiert, sondern verfügt über einen 'Spielraum' für Verschiebungen und Uneindeutigkeiten. Die Frage, die Homi K. Bhabha gestellt hat ‚Wie kommt das Neue in die Welt?‘ ist in dieser Sichtweise nicht nur eine Frage der Kritik, sondern eine methodologische Frage, eine Frage nach den praktischen Möglichkeiten, für die es angemessene Methoden der Sozialforschung zu entwickeln gilt. Denn 'das Neue' generiert sich aus Irritationen, aus Situationen der Nichtübereinstimmung mit dem, was als 'normal' und 'fraglos Gegeben' anerkannt ist. Ähnlich argumentiert Judith Butler aus einer queertheoretischen Perspektive, wenn they darauf hinweist, dass (schmerzhafte und vielfach ungewollte und ungewählte) Des-Identifikationen mit den normativen Zwängen, also Positionen der Nichtübereinstimmung für die Erweiterung des Denkbaren und die demokratische Auseinandersetzung von entscheidender Bedeutung sind. Sowohl wissenschaftstheoretisch als auch in den Entwicklungen von Methdodologien und Methoden der Sozialforschung ist es diese dekonstruktivistisch-queere und praxeologische Perspektive, die die Forschung und die theoretisch-methodologischen Reflexionen der Professur anleitet. Dabei sind in Inhalt und Form sowohl Forschung, Lehre als auch Gleichstellungsarbeit informiert durch Perspektiven auf Verwobenheiten und In-Beziehung-Treten, die intersektionale Ungleichheiten im Blick behalten (z.B. Karen Barads „Onto-Ethico-Epistem-Ontology“, Donna Harraways „Response-ability“, Maria Lugones „Coloniality of gender“, Mignolos „Epistemischer Ungehorsam“ etc.).

Konkrete Gegenstände der Lehrveranstaltungen und der Forschungsarbeiten des Lehrbereichs sind einmal Wandlungsprozesse und Umbrüche in Gegenwartsgesellschaften, wie sie sich in den Prekarisierungen und Entsicherungen von Arbeits- und Lebensverhältnissen und der Überlappung von sozialen Ungleichheiten (Intersektionen/Interferenzen) im Bildungssystem, in den wohlfahrtsstaatlichen Regulierungen und (milieu)differenten Strategien der Lebensführung zeigen. Hier spielen Fragen der Gesellschaftsanalyse, insbesondere die theoretische und methodologische Forschungsperspektive der postmigrantischen Gesellschaft, und veränderte, queere und /oder transnationale, mehrheimische Lebensführungen und Realitäten eine wichtige Rolle (vgl. die explorative Studien zu Bildungserfahrungen und Gelegenheitsstrukturen muslimischer Studierender in NRW aus den Jahren 2021 bis 2023 von Jihane Mhamdi, Elif Rojin Senpalit und Susanne Völker). Zum zweiten beschäftigt sich der Lehrbereich in inter- und transdisziplinären Forschungs- und Lehrzusammenhängen mit (mehr als menschlichen) Sorgeverhältnissen und rückt verschiedenartige Materialitäten in den Fokus. Hier sind Ansätze der queerfeministischen Science und Technology Studies, des queerfeministischen Neuen Materialismus und explorative Methodendesigns im Spektrum qualitativer Sozialforschung und feministischer Spekulation versammelt, die posthumanistische Performativität bzw. die Handlungsmacht nichtmenschlicher Akteur*innen einbeziehen. Dazu zählen Fragen von sozio-ökonomischen und ökologischen Verheerungen planetarischen Ausmaßes, des Klimawandels und der damit verbundenen queerfeministischen Interventionen des Anthropozäns, der Dekolonialisierung von Gender und Queer Studies, wie von Wissen(schaft)spraktiken generell, und damit der Dialog von Queer und Black Studies sowie die Fortentwicklung der queertheoretischen Forschung. Methodisch wie theoretisch sind die Lehr- und Forschungstätigkeiten der Professur entsprechend stark von Neuen Materialismen und Anthropozänkritik in Verknüpfung mit Queer und Black Studies (etwa durch die Arbeiten von bell hooks, Saidiya Hartman, Christina Sharpe) geprägt.

 

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